8.1 Hamilton's Prinzip

Wir werden sehen, dass sich die Newton'sche Bewegungsgleichung aus einem Extremalprinzip ableiten lässt: dem Hamilton'schen Prinzip der minimalen Wirkung. Es besagt, dass

von allen möglichen Pfaden zwischen zwei Punkten innerhalb eines vorgegebenen Zeitintervalls die Dynamik eines Systems durch denjenigen Pfad beschrieben wird, für den das Zeitintegral über die Differenz aus kinetischer und potentieller Energie minimal ist.

Mathematisch bedeutet dies, dass

(8.1)

Der Integrand heißt Langrangefunktion - besitzt die Dimension einer Energie, das Integral somit Energie*Zeit=Wirkung. Die Minimierung bedeutet, dass ein Massenpunkt in gegebener Zeit möglichst wenig Energie aufwenden möchte, um von einem Anfangsort zu einem Endpunkt zu
Abbildung 8.1: Suche nach dem ökonomischsten Weg zwischen und .


kommen. Stellen Sie sich vor, Sie müssten einen Fluss schwimmend überqueren, um von Ort nach zu kommen. Der kürzeste Weg entspricht dem Pfad . Aber ist dies auch der ökonomischste? Um den Fluss auf zu überqueren, müssen Sie viel Energie aufwenden, um gegen die Strömung anzukämpfen. Vernünftiger wäre es, sich entlang des Pfades abtreiben zu lassen, um dann auf dem bequemeren Landweg etwas schneller zu laufen, damit Sie in der gleichen Zeit Ihr Ziel erreichen.
Abbildung 8.2: Suche nach dem kürzesten Weg bei gegebener Zwangsbedingung


Eine andere Aufgabe wäre in vorgegebener Zeit von nach zu laufen, aber unter der Zwangsbedingung, dass Sie nur auf vorgegebenen Fußwegen Ihr Ziel erreichen dürfen. Der direkte Weg wäre versperrt und wäre der ökonomischste Weg unter den 'Fußweg-alternativen'. Warum die Lagrangefunktion und nicht die Gesamtenergie das Wirkungsprinzip bestimmt, liegt daran, dass sich nur aus (8.1) die Newton'sche Bewegungsgleichung ableiten lässt. (In verallgemeinerter Form lässt sich die Diskussion auch auf dissipative bzw. explizit zeitabhängige Systeme erweitern.)



M. Keim, H.J. Lüdde