6.2.2 Die Corioliskraft

Abbildung 6.6: Zur Wirkungsweise der Corioliskraft


Im Gegensatz zur Zentrifugalkraft ist die Corioliskraft in vielen Phänomenen auf der Erdoberfläche zu beobachten. Ein Massenpunkt, der sich auf einem erdgebundenen Horizontalsystem unter der geographischen Breite nördlich des Äquators bewegt, erfährt eine Ablenkungskraft (Corioliskraft) proportional zu seiner Geschwindigkeit

 
   
   

mit
 
 

Das erdgebundene Koordinatensystem ist so gewählt, dass nach Osten, nach Norden und in den Zenit gerichtet sind. Damit ergibt sich für die Richtung der Ablenkung auf der nördlichen Hemisphäre die Zusammenstellung in Tabelle 6.1.

Tabelle 6.1: Geometrie der Corioliskraft nördlich des Äquators
Bewegungsrichtung Ablenkungsrichtung
       
N O
       
O S, Zenit
       
S W
       
W N, Nadir


Dabei bedeuten die Richtungen Zenit und Nadir Ablenkungen radial nach außen bzw.innen. Diese Komponenten der Corioliskraft werden durch die Gravitation überlagert und haben keine sichtbaren Auswirkungen auf die Bewegung. Die Komponenten innerhalb der Horizontalebene zeigen offenbar immer nach rechts bezogen auf die Bewegungsrichtung. Die Stärke der Rechtsablenkung durch die Corioliskraft ist abhängig von der geographischen Breite ( ): am Äquator gibt es keine Ablenkung, am Nordpol ist die Ablenkung am größten. Betrachtet man die Wirkung der Corioloskraft auf der südlichen Halbkugel, so zeigt sich ein ähnlicher Effekt, aber mit einer verblüffenden Wendung: da für Orte südlich des Äquators wechselt die Horizontalablenkung ihr Vorzeichen, da für .

Abbildung 6.7: Zur Corioliskraft auf der Südhalbkugel


D.h. auf der südlichen Hemisphäre werden bewegte Massenpunkte immer nach links abgelenkt.

Beispiele:

B6.1 Wetterkarte auf der nördlichen Hemisphäre

Warum werden Tiefdruckgebiete von druckausgleichenden Luftströmungen immer gegen den Uhrzeigersinn umströmt?

Abbildung 6.8: Coriolisablenkung in Tiefdruckgebieten


Es ist die Corioliskraft, die dafür sorgt, dass die in das Tiefdruckgebiet einströmenden Luftmassen, die aus allen Richtungen kommen, nach rechts abgelenkt werden und einen Wirbel erzeugen, der gegen den Uhrzeigersinn gerichtet ist. Auf der Südhalbkugel haben Tiefdruckwirbel den umgekehrten Drehsinn.

B6.2 Waagrechter Wurf auf der Erde

Für die Ballistiker der Geschichte war die Corioloskraft durchaus ein ernstzunehmendes Problem. Sie mussten die Zielvorrichtungen ihrer Kanonen so einrichten, dass die Abweichung kompensiert würde (siehe auch das Maple Arbeitsblatt).

Abbildung 6.9: Coriolisablenkung nördlich des Äquators


Während einer Seeschlacht im Verlauf des 1. Weltkrieges in der Nähe der Falkland Inseln (vor der Küste Argentiniens) staunten britische Kanoniere nicht schlecht, dass ihre in England so sorgfältig eingestellten Zielvorrichtungen dazu führten, dass sie ihre Ziele regelmäßig um ca. 100 m nach links verfehlten. Warum?

B6.3 Foucault-Pendel

Die idealisierte Form eines ebenen mathematischen Pendels existiert nicht auf der Erde, allenfalls am Äquator.

Abbildung 6.10: Coriolisablenkung im Foucault-Pendel


Durch die Corioliskraft wird die schwingende Masse nach rechts abgelenkt ( ) und bildet im Lauf der Zeit die typischen Rosetten des Foucault-Pendels.

B6.4 Freier Fall auf der Erde

Dieses Beispiel können Sie sich an Hand des Arbeitsblattes selbst erarbeiten.

M. Keim, H.J. Lüdde