Zunächst werden wir uns einen Überblick darüber verschaffen, wie gut man die
nichtlineare Rückstellkraft in einer Potenzreihe entwickeln kann.
Man erhält bis zur
Ordnung die Taylorreihe für
Die Taylorreihe enthält nur ungerade Potenzen, da
ungerade bezüglich
Spiegelung an der Ordinate ist. Wir sehen, dass eine lineare Näherung der Rückstellkraft
erstaunlich gut gerechtfertigt ist für Winkel
.
Abbildung 3.17:
Taylorreihe von
.
(rot),
(grün),
(gelb),
(blau),
exakt (magenta)
 |
Mit wachsender Auslenkung sollte sich das mathematische Pendel von einem harmonischen Oszillator
unterscheiden. Diesen Unterschied sieht man z.B. für die Anfangsbedingung
in der
folgenden Gegenüberstellung.
Abbildung 3.18:
Mathematisches Pendel (grün) im Vergleich mit seiner linearen Näherung (blau).
 |
Abbildung 3.19:
Phasenraumdiagramm des mathematischen Pendels (grün) und seiner linearen Näherung (blau).
 |
Während das linearisierte Pendel (blau) durch eine trigonometrische Funktion beschrieben wird,
erhält man für die nichtlineare Rückstellkraft (grün) eine elliptische Funktion
als Lösung (siehe spezielle Funktionen der Theoretischen Physik). Die Frequenz des
nichtlinearen Pendels ist abhängig von der Amplitude: mit wachsender Amplitude wird die
Frequenz kleiner. Das Pendel hält sich viel länger in seinen Umkehrpunkten auf als der
harmonische Oszillator.
Das mathematische Pendel ist ein konservatives System, d.h. seine
mechanische Gesamtenergie
ist eine Erhaltungsgröße.
Abbildung 3.20:
Potentielle Energie im Pendel
 |
Wir wollen nun die Frage stellen, welche Bewegungsformen für das Pendel bei
gegebener Gesamtenergie möglich sind. Dazu betrachten wir die Anfangsbedingung
, d.h. das Pendel befindet sich in dem labilen
Gleichgewichtspunkt
. Die entsprechende Gesamtenergie ist in diesem Fall (
)
Man sieht sofort, dass bei der geringsten zusätzlichen kinetischen Energie
,
also für
, das System in einen Rotationszustand versetzt wird.
Ist andererseits die potentielle Energie etwas geringer
, also
,
führt das System die gewohnte Pendelbewegung aus.
Die Phasenraumtrajektorie für
separiert offenbar den Phasenraum in zwei Teilräume:
den Teilraum mit
, in dem alle Anfangsbedingungen zu Rotatorlösungen führen und
den Teilraum mit
, in dem alle Anfangsbedingungen liegen, die eine Pendellösung
initiieren. Dies führt uns zum Phasenraum Portrait des mathematischen Pendels.
Befindet man sich mit der vorgegebenen Gesamtenergie in der Nähe der Separatrixlösung
, so kann eine kleine Änderung der Energie durch einen äußeren Antrieb
spontan die Bewegungsform verändern und so zu einer komplizierten Phasenraumtrajektorie
führen.
Abbildung 3.21:
Phasenraum Portrait des mathematisches Pendels
 |
U. Lechner, H.J. Lüdde