Hans hatte die Eingangstür des Instituts hinter sich gelassen und stieg den Aufzug ignorierend, die Treppen hinauf. Ein Jugendlicher, asiatischer Nationalität, der die Treppe herunter schritt begrüßte ihn, indem er mit seinem Oberkörper eine Verbeugung andeutete. Hans imitierte ihn, blieb stehen und fragte: ''Kannst du mir sagen, wo ich den Hilbertraum finden kann?'' Der Asiate strahlte ihn an und streckte sich, so als ob man ihm ein Kompliment gemacht hätte. ''Oh ja, der Hilbertraum. Der Hilbertraum ist ein mathematisches Konstrukt. Ein nicht realer Hilfsraum, den man zur Beschreibung des Quantenzustandes von Körpern verwendet. Aufgrund der Unschärferelation ...'' Hans unterbrach ihn, ''Verzeihung, aber da hast du vergessen auf deine Gefühle zu achten; dieser Raum ist realer Bestandteil unserer Welt.'' Ein blondes Mädchen mit blassen Tand und Hasen-Halskette drängte sich an Hans und dem Asiaten vorbei. Hans fragte: ''Kannst du mir vielleicht sagen, wie ich zum Hilbertraum komme ?'' ''Ja klar'' antwortete das Mädchen, ''ich bin auch auf dem Weg dahin. Komm einfach mit.'' Sie gingen gemeinsam die Treppen hinauf und wechselten im zweiten Stock das Gebäude. ''Da ist der Hilbertraum'', sagte das Mädchen, ''der Vortrag müsste in einigen Minuten beginnen.'' Sie betrat den Raum und setzte sich auf einen der noch freihen Plätze. Hans hielt inne und betrachtete den Raum, sein Blick wanderte suchend von links nach rechts. Etwa 35 Zuhöherer saßen ruckelnd auf unbequemen Stühlen und warteten darauf, dass Herr Hanauske ihnen den inhaltlichen Abschluss seiner Forschungsarbeiten präsentiere. Hans hatte Sie gefunden. Er, der stets seinem eigenen Willen gefolgt war, ergab sich. Sein Ziel war erreicht, alles was nun folgen würde war zielloses intensives Wahrnehmen des Hier und Jetzt.
Alles hatte sich auf einen Wunsch zusammengezogen. Eine Idee blieb mir nur übrig um die Welt in ihrer unendlichen Vielfalt neu zu erschaffen. Ich fokussierte meinen gesamten Willen auf die EINS und ging in den kleinst möglichen, diskreten Gedankenschritten weiter.
Hans setzte sich in Bewegung und ging rechts an den Stühlen und Tischen vorbei, in Richtung der Tafel. Am Vortragspult angekommen nahm er den Laptop aus dem Rucksack und montierte das nötige Kabel an dem digitalen Ausgang des Laptops. Das andere Ende verband er mit dem schon bereit stehenden Beamer. Ein vollschlanken, vornehm gekleideter älterer Herr der links in der ersten Reihe saß und der sich anscheinend für die Darstellungsform der Veranstaltung verantwortlich fühlte, erhob sich und fragte: ''Können Sie mir vielleicht sagen, was Sie da machen ?'' Hans schaltete den Laptop ein, nahm sich einen der freihen Stühle, erhob seinen Blick und sah Sie an.
Ich hatte meinen Standpunkt gewählt. Nun ging es darum meinem Impuls eine Richtung zu geben. In kleinen, diskreten Gedankenschritten ging ich zurück. Adorno ..., Hans, Ich, ...
Sein Blick traf Ihren Blick. Sie sah ihn und Ihr Gefühle überfluteten Sie. Hans ging mitsamt seinem Stuhl zum Beamer und schaltete ihn ein ohne seinen Blick von Ihr zu lösen. Er schritt weiter und stellte seinen Stuhl neben Ihren, setzte sich und blickte auf die Projektionsleinwand. Das Booten des Laptops neigte sich seinem Ende. Das bekannte Hintergrundbild des Innenbereichs des deutschen Reichstags wurde auf die Leinwand projiziert, dann startete die schon eingelegte DVD wie von selbst. Sie hatte Hans die ganze Zeit über mit Ihren Augen verschlungen und drehte nun auch ihren Kopf in Richtung des projizierten Bildes. Hans dagegen drehte seinen Oberkörper zu ihr, schloss seine Augen und bewegte seinen Kopf so nah zu Ihrem, dass er Sie mit all seinen übrigen Sinnen wahrnehmen konnte. Mit zitternder Stimme flüsterte Hans: ''Erinnerst du dich ?'' Während die Musik des Films begann lauter zu werden und sie langsam, singend ihre Stimme erhob, verschmolzen beide zu einem gemeinsamen Zustand und entglitten der Welt der Zuhörer. Die Zuhörer hingegen sahen lediglich den nun beginnenden, projizierten Vortrag und nahmen eine leise Musik war.