Besonders wichtig ist hierbei, daß sich eine Theorie niemals beweisen läßt. Denn man kann prinzipiell niemals alle möglichen Konfigurationen des Systems durchtesten. Dagegen kann man eine Theorie sehr leicht widerlegen. Hierfür benötigt man nur ein einziges Experiment, dessen Ergebnis den Voraussagen der Theorie widerspricht. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Newtonsche Mechanik. Deren Theorie beschreibt die Bewegung von Körpern unter Einwirkung von irgendwie gearteten Kräften. Lange Zeit galt diese Theorie als absolut richtig. Denn es war z.B. sofort einsehbar, daß sich die von außen beobachtbare Geschwindigkeit eines Körpers, der sich innerhalb eines bewegten Systems selbst wieder bewegt einfach daraus ergibt, daß man die Geschwindigkeiten des Körpers und des ihn enthaltenden Systems addiert. Das Michelson-Morley-Experiment jedoch zeigte, daß dies zumindest dann nicht mehr der Fall ist, wenn man die Geschwindigkeit eines Lichtstrahls mißt, der sich auf der bewegenden Erde ausbreitet. Damit war die Newtonsche Mechanik widerlegt, es mußte eine neue Theorie aufgestellt werden. Diese trägt den Namen ,,spezielle Relativitätstheorie``. Ihre Gleichungen beschreiben nicht nur jenes Phänomen, sondern sie machen auch Voraussagen, die sich experimentell überprüfen lassen. Bisher wurde kein einziges Experiment durchgeführt, dessen Ergebnis der Vorhersage der Relativitätstheorie widersprochen hätte. Dies bedeutet jedoch nicht, und ich betone dies ausdrücklich, daß die Relativitätstheorie absolut richtig und allgemeingültig ist. Solange sich jedoch keinen Hinweis auf irgendwelche Inkonsistenzen findet, bleibt sie eine akzeptable und daher ,,gute`` Beschreibung mechanischer Vorgänge.
Eins möchte ich nochmals besonders betonten: es kommt absolut nicht darauf an, ob eine Theorie anschaulich, leicht verständlich oder einfach nachvollziehbar ist. Was zählt ist einzig und allein, ob sie überprüfbare Aussagen macht, die mit Meßergebnissen übereinstimmen.
Ein weiteres Kriterium für eine ,,gute`` Theorie ist ein Auswahlverfahren, das als ,,Occam's Razor`` bekannt geworden ist. Diese Rasierklinge bedeutet nichts anderes, als daß von zwei gleichwertigen Theorien immer diejenige zu wählen ist, die die wenigsten neuen Voraussetzungen bzw. Annahmen macht. Um beim Beispiel der Relativitätstheorie zu bleiben: Angenommen, es würde eine weitere Theorie geben, die exakt die gleichen Phänomene beschreibt wie Einsteins spezielle Relativitätstheorie, jedoch (um mal zu übertreiben) dafür mindestens 50 Raum- und 30 Zeitdimensionen benötigt, so wird dieser Theorie sicher nicht der Vorzug gegeben. Es sei denn natürlich, sie macht zusätzlich irgendwelche Voraussagen (die sich als richtig herausstellen), welche von der ,,normalen`` Relativitätstheorie nicht erklärt werden können.
Nachdem nun geklärt wäre, was eine Theorie ist, komme ich dazu, ein paar Theorien genauer unter die Lupe zu nehmen. Vorzugsweise natürlich solche, die in populärwissenschaftlichen Sendungen (oder auch Zeitschriften) gerne dargestellt werden. Ich werde versuchen zu erklären, was die verschiedenen Voraussagen bedeuten, und wie man die anschaulichen Darstellungen populärwissenschaftlicher Quellen verstehen muß.